Welche Möglichkeiten hat ein Baulandkäufer, der seine Immobilie trotz Kaufvertrag nicht bekommt?

Das Stadtjournal (SJ) im Interview mit Makler Jörg Heller (JH) aus Grossenhain, Geschäftsführer der Makler Heller GmbH und Vorstand des Elblandmakler e.V mit Sitz in MeiSSen.

Stadtjournal: „Sie sind nun seit 1989 unter anderem auch als Immobilienmakler und seit 1990 in Großenhain und Umgebung tätig. Haben Sie Erfahrungen damit, wenn ein Bauherr, der ein Grundstück für seinen beabsichtigten Hausbau notariell erworben hat, später nicht bauen konnte?

Jörg Heller: Leider ja. In den Anfängen der 1990er Jahren hatte ich zwei Bebauungsgebiete für insgesamt 80 Eigenheimstandorte vorbereitet, die ein Großenhainer Bauunternehmer erschließen sollte. Die Bauherren hatten durch mich Baufinanzierung durch die Sächsische Aufbaubank GmbH und anderen Geldinstitute vermittelt bekommen, die Häuser waren projektiert, aber die Bebauungsgebiete im Landkreis Torgau und Großenhain waren nicht erschlossen. Die durchschnittliche Finanzierung eines jeden Bauherren betrug damals circa 350.000 DM. Die Kaufverträge für die noch zu erschließenden Baulandparzellen waren bereits für 60 Familien geschlossen. Nun war der Bauunternehmer als Erschließungsträger und Verkäufer der unerschlossenen „Wiese“ am Zuge, die Erschließung vorzunehmen.

SJ: Wurde nun erschlossen?

JH: In einem Gebiet im Landkreis Großenhain erfolgte die Erschließung mit Tiefbauarbeiten für den Kanal sowie die Vermessung. In dem anderen Gebiet fing man auch an, den Mutterboden der Wiese seitlich zu lagern – mehr aber nicht.

SJ: Was geschah dann?

JH: Der „Erschließungsträger“ ging pleite. Die Bauern hatten für den Grund und Boden keinen „Pfennig“ Kaufpreis erhalten, da der Kaufvertrag mit den Eigentümern noch in der Schwebe hing. Die Bauwilligen riefen bei mir an und wollten nun wissen, wie es weiter geht.

SJ: Konnten die Bauherren doch noch durch Sie Ihr Bauland baureif erhalten?

JH: Leider nein, jedenfalls nicht dort in den Bebauungsgebieten, wo sie bauen und leben wollten. Aber die Bauherren hatten großes Glück, dass ich die Kaufverträge so vermittelt hatte, dass erst die gesicherte Erschließung des Baulandes durch die Gemeinde jeweils hätte bestätigt werden müssen, bevor der Kaufpreis fällig gestellt wurde. So wird auch bis heute bei mir vermittelt. Erst das gesichert erschlossene Grundstück- und dann gibt es Geld. Man zahlt doch auch kein Auto, bevor es geliefert wird!

SJ: Wie konnten Sie das Problem lösen?

JH: Ich hatte nun vier Problemstellungen für meine Kunden auf die „Reihe“ zu bringen:

  • neues Bauland in der Umgebung ohne Bauträgerverpflichtung zu finden
  • die Banken zu bitten, deren Darlehenszusagen über 2,5 Jahre bereitstellungszinsfrei zu stellen. Es war seit Zusagen der Hypotheken über ein Jahr vergangen und
    es fielen bereits Bereitstellungszinsen in Höhe von 3 % (wie auch noch heute üblich) an.
  • meine Kunden von den neuen Eigenheimstandorten oder Baulücken, die bereits erschlossen waren, zu überzeugen, dort auch zu bauen.
  • mit den Banken den Tausch des „Beleihungsobjektes“ – sprich Grundstück und
    Haus – auch genehmigen zu lassen und Baurecht bei den Gemeinden zu schaffen.

SJ: Das war sicherlich für die Bauherren und für Sie nicht einfach?

JH: Einfach? Das war purer Stress für alle. Und diejenigen, die nun die „Schnauze voll” hatten, wollten nicht mehr bauen. Aber das ging auch nicht, da die Kunden bereits Hypothekenverträge rechtsverbindlich unterschrieben hatten. Denn wenn ein Kreditvertrag zustande gekommen und die Widerrufsfrist von 14 Tagen verstrichen ist – und dass war bei allen nach einem Jahr der Fall – hat man eine Nichtabnahmeentschädigung für das Darlehen zu leisten. Diese betrug damals zwischen 20.000 und 40.000 DM, je nach Darlehenshöhe. Diese Regelung ist auch noch heute so, nur sprechen wir dann über Euro.

SJ: Was haben diese Kunden, die nicht mehr bauen wollten gemacht?

JH: Ganz einfach, notgedrungen auf anderen Standorten gebaut. Was blieb ihnen übrig? Die Nichtabnahmeentschädigung hat kein Bauherr gezahlt! Auf jeden Fall hatten alle Bauherren noch mit mir Glück im Unglück.

SJ: Was empfehlen Sie dem Grundstückskäufer für seinen Eigenheimwunsch. JH:

JH:
1.) Immer erst Kaufverträge schließen, wenn der Bebauungs-Plan genehmigt ist, oder klar ist, dass sein Vorhaben auf der Baulandparzelle auch baurechtlich genehmigt und die Erschließung der Medien gesichert ist.
2.) Auf keinen Fall auf eine ungesicherte Vorleistung eines Kaufvertrages eine Kaufpreisanzahlung oder sogar 100 % Vorkasse leisten, bevor das Bauland nicht erschlossen ist.
3.) Auf machbare Erschließungstermine im Kaufvertrag mit dem Vorhabensträger bestehen und Rücktrittsrechte vereinbaren, wenn das Bauland bis dahin nicht erschlossen ist, damit der Bauherr auch den Kaufvertrag lösen kann.
4.) Vor der erkennbaren gesicherten Erschließung keine Hypothekenverträge zu schließen, damit man nicht an die Abnahme der Darlehen gebunden ist bzw. eine Nichtabnahmeentschädigung zahlen muss. Man kann mit den Banken
alles vorbereiten und die Darlehen bis zum Kreditvertrag prüfen lassen. Dann aber erst verbindlich das Darlehen unterzeichnen, wenn es so weit ist, auch wenn der Zins eventuell um 0,2% steigen könnte. Das Risiko ist auf jeden Fall überschaubarer als die oben genannten „Stressfaktoren“.

SJ: Kommt es auch noch heute vor, dass Markteilnehmer so arbeiten? Und hätten Sie sofort Ersatzgrundstücke für die Betroffenen?

JH: Das ist leider immer noch so. Und ja: ich kann mit insgesamt über 20 Grundstücken in dieser Region „aushelfen“. Ja auch überregional kann ich als Vorstand des Elblandmakler e.V. mit meinen Maklerkollegen im Verbund im Elbland und Umgebung sofort in eine solche Richtung für betroffene Bauherrn tätig werden.